LUCID AIR ELEKTRO-LIMOUSINE: MODELLPFLEGE LäSST IHN SCHNELLER LADEN

Beim Lucid Air stand zuletzt das 1.251 PS starke Sapphire-Topmodell im Fokus. Nun ist die reichweitenstärkste Variante Grand Touring mit einer Modellpflege an der Reihe.

Das Segment der elektrisch angetriebenen Luxus-Limousinen ist seit 2021 offiziell um einen Vertreter reicher: In der neuen Fabrik in Casa Grande, US-Bundestaat Arizona, startete im Spätsommer 2021 die Serienfertigung des Lucid Air; Ende Oktober wurden die ersten Fahrzeuge in Kundenhände übergeben. Ende 2022 erfolgte der offizielle Markteintritt in Europa. Als erstes Land bekam Deutschland die luxuriös-sportliche Elektrolimousine; seinen ersten Europa-Showroom hat Lucid in München eröffnet.

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Die viertürige Limousine Lucid Air ist ein direkter Angriff auf das führende Fahrzeug in diesem Segment: das Tesla Model S. Der "Air" (Luft), eine 4,97 Meter lange und ca. 1,45 Meter hohe viertürige E-Limousine, dokumentiert die Ernsthaftigkeit seiner Ambitionen mit einer schmalen, grimmigen Front und einem mächtigen Radstand von rund 3,10 Metern. Unter der vorderen Haube des Air verbirgt sich der 280 Liter Gepäck fassende Frunk (Front Trunk: vorderer Kofferraum). Er ist mit Abstand größte im Segment. Für eine bessere Praktikabilität verpasst ihm Lucid einen doppelten Boden. Vorderer und hinterer Kofferraum zusammen ergeben 739 Liter Stauraum – und auch der Heckkofferraum hat einen doppelten Ladeboden.

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Das Design

Spezielle Micro-Linsen fungieren als Scheinwerfer und passen das Licht je nach Fahrsituation an. Schon nahezu klassisch mutet das weitere Design an. Ausgestellte Radhäuser, eine gewölbte Motorhaube, schmale Spiegel und eine coupéhafte Dachlinie sind schon fast VW-haft. Hingucker hier: Das riesige Panoramadach, das nahtlos in die Windschutzscheibe übergeht. Das Stummelheck breiten C-Säulen und endet mit einem schmalem LED-Leuchtenband.

Der Innenraum

Der Innenraum ist luxuriös ausgestattet: Stark konturierte Sitze vorne sind von einer auffällig breiten Mittelkonsole getrennt. Ein riesiger Bildschirm übernimmt in der Mitte die Darstellung der Navigation sowie die Steuerung des Infotainmentsystems mit 29 Lautsprechern. Vor dem Fahrer wölbt sich ein 34 Zoll großes, in alle Richtungen leicht gebogenes 5K-Glas-Cockpit-Display – zudem verfügt der Air über eine Spracheingabe-Funktion. Das Auto erhält obendrein einen digitalen Assistenten, der die Vorlieben des Fahrers übernimmt und sich auch per Smartphone-App steuern lässt. Für die Fondpassagiere sieht Lucid-Motors zwei Sitz-Alternativen vor. Zum einen die klassische Rücksitzbank ohne Mittelkonsole. Zum anderen Executive-Liege-Einzelsitze, die von einer breiten Mittelkonsole mit Steuerungs-Tablet getrennt werden.

Mit Lidar-System

Für ein Maximum an Fahrkomfort und -dynamik erhält der Lucid Air ein Luftfederfahrwerk. Für die Funktionen zum teilautonomen Fahren rüstet Lucid den Air mit Kamera-, Radar-, und Ultraschallsensoren aus – insgesamt sind es 32. In die Front der Elektrolimousine haben die Ingenieure ein hochauflösendes Lidar-System (Light detection and ranging) integriert. Damit gehört der Air zu den ersten Serienfahrzeugen mit dieser Technik zur optischen Abstands- und Geschwindigkeits-Messung. Tesla-Chef Elon Musk hat sich Anfang 2019 gegen den Einsatz von Lidar-Systemen entschieden – mit der Begründung, die Technik sei ihm zu lahm.

Die Dream Edition

An den endgültigen Spezifikationen hat Lucid lange gefeilt. Für die auf 520 Exemplare limitierten Einführungs-Varianten Air Dream Edition gab das Start-up für den US-Markt 946 PS (Range) und 1.126 PS (Performance) an. Die Power kommt von zwei an der Hinterachse positionierten Elektromotoren. Die Ingenieure haben die Antriebseinheit extrem auf Kompaktheit getrimmt: Der Motor passt inklusive Getriebe und Inverter in einen Flugzeug-Kabinentrolley.

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Auch in Europa startete Lucid die Air-Ära mit den limitierten Sondermodellen der Dream Edition. Allerdings unterschieden sich ihre technischen Daten etwas von jenen der US-Spezifikation. Die Performance-Version mit maximal 861 Kilometern WLTP-Reichweite verfügt über einen 1.111 PS starken Antrieb. Die Range-Variante liefert 933 PS, kommt allerdings mit bis zu 883 Kilometern ein Stück weiter. Lucid zufolge ist dieser Air-Ableger "das Elektrofahrzeug mit der größten Reichweite auf dem europäischen Markt".

Reguläre Modellversionen

Die Daten der regulären Modellversionen liegen auf niedrigerem Niveau, sind aber kaum minder spektakulär. Der Lucid Air Grand Touring kam zu Jahresbeginn 2024, erreicht mit überarbeitetem Antrieb 830 PS und beschleunigt in drei Sekunden von null auf 60 mph (96,6 km/h). Für diese Variante liegt die Reichweitenschätzung der US-Umweltbehörde EPA bei 830 Kilometern. Mitte November 2022 debütierte im Rahmen der Los Angeles Auto Show das zweimotorige und allradgetriebene Pure-AWD-Modell, das mit 487 PS maximal 660 Kilometer erreichte. Dieses rangierte Lucid allerdings zum Modelljahr 2024 zugunsten des einmotorigen Air Pure RWD mit 436 PS starkem E-Motor an der Hinterachse aus, dessen elektrische Energie für höchstens 674 Kilometer reicht und das in 4,5 Sekunden von null auf 60 mph sprintet. Hinzu kommt die 629 PS starke Touring-Version mit einem Aktionsradius von bis zu 661 Kilometern.

Rekordverdächtiger cW-Wert

Das besondere am Pure-Modell: Es soll einen Luftwiderstandsbeiwert von nur 0,197 haben. Damit würde das Basismodell von Lucid den bisherigen cW-Wert-Rekordhalter unter den Serienfahrzeugen, den Mercedes EQS, unterbieten. Die elektrische S-Klasse kommt nur auf 0,2. Die Standard-Versionen des Lucid Air sollen einen cW-Wert von 2,1 erreichen.

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Neues Topmodell Air Sapphire

Um dem Model S Plaid nicht nur Paroli zu bieten, sondern dem Konkurrenten nachhaltig die Rücklichter zu zeigen, hat Lucid den Air Sapphire vorgestellt. Es ist das erste Lucid-Modell, das unter dem neuen Performance-Label auf den Markt kommt; die stärksten Vertreter der Marke werden künftig Sapphire heißen. Der Top-Air verfügt über einen zusätzlichen Motor an der Vorderachse, der die Gesamtleistung auf 1.251 PS pusht. Von null auf 60 mph geht es damit in 1,89 Sekunden, von null auf 100 mph (161 km/h) in 3,84 Sekunden und über die Viertelmeile bei stehendem Start in 8,95 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit gibt Lucid mit 330 km/h an, die Reichweite mit 687 Kilometern.

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Die hinteren Motoren und das Batteriepaket passt Lucid ebenso an die neuen Fähigkeiten an wie Bremsen und Fahrwerk. Der allradgetriebene Air Sapphire erhält serienmäßig Carbon-Keramik-Stopper, ein steiferes Fahrwerk mit härteren Federn und neuen Dämpfereinstellungen sowie neue Kalibrierungen für ABS, Lenkung, Torque Vectoring, Traktions- und Stabilitätskontrolle. Hinzu kommen breitere Räder im speziellen Sapphire-Design mit abnehmbaren Aero-Abdeckungen aus Kohlefaser, die Michelin Pilot Sport 4S-Reifen in den Dimensionen 265/35 R20 (vorn) und 295/30R21 (hinten) tragen. Kleine aerodynamische Anpassungen im kürzlich präsentierten "Stealth Look", die exklusiv dieser Modellvariante vorbehaltene Farbe Sapphire Blue sowie neue Sportsitze und eine Sapphire-eigene Grafik für den Infotainment-Bildschirm heben den Top-Air auch optisch von seinen Modellgeschwistern ab. Hinzu kommt eine optimierte Wärmepumpe, um die Reichweite ein wenig zu pushen.

Aerodynamik

Dem Lucid Air hilft in puncto Reichweite und Beschleunigung sein erwähnter hervorragender cW-Wert. Den haben die Ingenieure durch ein Bündel von Maßnahmen erreicht: An der Front des Air befindet sich in Höhe der Scheinwerfer eine Kante, die dazu führt, dass die Luft mit erhöhtem Druck über die Haube fließt. Den Verwirbelungen in den Radhäusern wirkt ein gezielt erzeugter Luftstrom, ein sogenannter Air Curtain, entgegen. Und die unter dem Frontstoßfänger durch eine vergleichsweise kleine Öffnung eindringende Kühlluft verwirbelt sofort, um eine maximale Kühlung von dort befindlichen Komponenten zu erzielen.

Mit 900-Volt-Technik

Der Antrieb basiert auf einem 900-Volt-System, das ihn im Vergleich zu anderen Elektroautos seiner Klasse leistungs- und widerstandsfähiger machen soll. Zum Vergleich: Der Porsche Taycan arbeitet mit 800-Volt-Technologie, Tesla gibt sich mit 400 Volt zufrieden. Für die Stromversorgung sorgt ein selbstentwickelter und im Lucid-Werk gebauter 113-kWh-Akku, die Zellen produziert LG Chem nach den von Lucid vorgegebenen Spezifikationen. Eine die Energiereserven schonende und somit die Reichweite weiter steigernde Wärmepumpe hat Lucid gerade in der Entwicklung – zum Marktstart des Air steht sie noch nicht zur Verfügung.

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Der Air ist für bidirektionales Laden vorbereitet – er soll Energie ins Netz zurückspeisen können. Außerdem soll er sich mit der Onboard-Technik überall laden lassen und alle möglichen anderen Geräte sollen wiederum an ihm aufladbar sein. Pro Minute Ladezeit steigt die Reichweite des Air um 32 Kilometer; in 15 Minuten sollen sich etwa 400 Kilometer nachladen lassen.

Modellpflege 2024

Eine Modellpflege beschert dem Lucid Air zum Modelljahr 2024 nicht nur teilweise neue Preise und Modellversionen (siehe nächster Absatz), sondern zusätzlich neu geordnete Ausstattungsniveaus. Es gibt fortan eine größere Auswahl an Außen- und Innenfarben sowie das neue, teils aufpreispflichtige Ausstattungspaket "Comfort & Convenience" mit unter anderem beheizbarem Lenkrad, Rücksitzen und Scheibenwischern sowie Vier-Zonen-Klimaautomatik. Für das Basismodell Pure stehen jetzt vielfach verstell- und klimatisierbare Vordersitze zur Wahl. Der Grand Touring erhält sogar einen aktualisierten, weil thermisch optimierten Antriebsstrang und kann nun an Gleichstrom-Ladesäulen 15 bis 30 Prozent schneller Strom nachtanken, weil der Akku vor dem Ladestopp besser vorkonditioniert wird. Die bessere Wärmepumpe des Sapphire optimiert zudem die Reichweite bei kalten Temperaturen.

Preisgestaltung

Nachdem Lucid die Preisspirale anfangs stark nach oben gedreht hatte, haben sich die Tarife für den Air inzwischen auf deutlich niedrigerem Niveau stabilisiert. Das neue Basismodell Pure RWD startet in den USA aktuell bei 69.900 Dollar, was aktuell umgerechnet knapp 65.700 Euro entspricht. Es folgt der Lucid Air Touring, dessen Basispreis im Zuge des Wechsels zum Modelljahr 2024 von 85.900 auf 77.900 Dollar (ungefähr 73.200 Euro) sinkt. Das reichweitenstärkste Modell Air Grand Touring kostet derzeit 109.900 (etwa 103.200 Euro) statt 125.600 Dollar. Der besonders starke und stets komplett ausgestattete Lucid Air Sapphire toppt die Modell-Range mit seinem Tarif von 249.000 Dollar (rund 234.000 Euro) auch preislich. Hinweis: Alle US-Preise zuzüglich Steuern, Überführung und etwaiger weiterer Gebühren.

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Europäische Lucid-Kundinnen und -Kunden zahlen weiterhin deutlich höhere Preise als jene in den USA, obwohl sie nun ebenfalls von massiven Preissenkungen profitieren. Der 487 PS starke Air Pure mit einer Reichweite von bis zu 747 WLTP-Kilometern kostet hierzulande neuerdings 85.000 statt 109.000 Euro. Zum Vergleich: Die Basismodelle des Tesla Model S und Mercedes EQS starten aktuell bei 95.990 beziehungsweise 109.551 Euro. Die Touring-Version des Lucid Air steht mit nur noch 99.000 (zuvor 129.000 Euro) in der Preisliste, der Grand Touring ist ab 129.000 statt 159.000 Euro erhältlich. Die Dream Edition ist inzwischen nicht mehr im Angebot. Die Preise und ein europäischer Marktstarttermin für den Air Pure RWD mit Heckantrieb sind noch nicht bekannt. Hinweis: Alle Preise für Deutschland in brutto inklusive Mehrwertsteuer.

Autonome Fahrfunktionen

Für autonome Fahrfunktionen, deren Software over-the-air (OTA) aufgefrischt werden kann, soll der Lucid Air bereits vorkonditioniert sein. Das Unternehmen lockt seine Kunden aber schon jetzt mit Versprechen wie "Ihr Auto kann Ihre Lebensmittel abholen und Ihre Kinder vom Training abholen" sowie "Sie können sich einfach zurücklehnen und entspannen".

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Bereits 2017 sorgte Lucid Motors für Aufsehen, als der Air nach eigenen Angaben einen Geschwindigkeitsrekord für Elektrofahrzeuge aufstellte. Das Elektroauto erreichte auf einem Rundkurs in Ohio 235 Meilen pro Stunde, das entspricht 378 km/h. Das Versuchsfahrzeug war völlig ausgeräumt und mit Überrollbügeln verstärkt. Im ersten Versuch war der vordere Motor wärmer geworden als berechnet. Eine umprogrammierte Software für die Kühlung behob das Problem. Für den Rekordversuch wurden außerdem aerodynamisch optimierte Räder montiert.

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